Wasserstoff
Wasserstoff wird ein elementarer Bestandteil unseres zukünftigen Lebens sein, wenn die fossilen Energieträger der Vergangenheit angehören. Wasserstoff ist sehr einfach herzustellen und quasi unbegrenzt verfügbar.
Allerdings wird der Wasserstoff nicht die Rolle spielen, die ihm in den Medien derzeit zugeschrieben wird. Da die Herstellung von Wasserstoff sehr energieintensiv ist, wird er nur für sehr ausgewählte Anwendungen rentabel und sinnvoll eingesetzt werden können.
Wasserstoff wird in sogenannten Elektrolyseuren hergestellt. Dort spaltet man Wasser mit elektrischer Energie zu Wasserstoff und Sauerstoff. Da der Wasserstoff oft nicht vor Ort direkt verbraucht werden kann, muss er transportfähig gemacht werden. Dies geschieht entweder durch Verdichtung (Gasförmig) oder Verflüssigung durch Abkühlung oder Überführung in Verbindungen (z.B. Ammoniak). Beide Vorgänge sind wieder mit hohem Energieaufwand verbunden. Auch bei der Freisetzung der im Wasserstoff gespeicherten Energie ist der Wasserstoff kein Champion. Dessen Energiegehalt beträgt im gasförmigen Zustand etwa ein Drittel des Energiegehalts von Erdgas, und die Verstromung oder thermische Nutzung hat einen vergleichbar schlechten Wirkungsgrad wie bei fossilen Gasen.
Warum setzt man in Zukunft bei ausgewählten Anwendungsfällen also auf Wasserstoff?
Weil Wasserstoff überall verfügbar ist, die Herstellung und die Verbrennung sehr emissionsarme Verfahren sind und Wasserstoff in größeren Mengen gespeichert werden kann.
Wo werden wir also Wasserstoff in Zukunft sehen?
Ganz sicher wird Wasserstoff in der Zukunft weder in Heizungen noch im Individualverkehr eine echte Daseinsberechtigung haben. Warum eigentlich nicht?
(a) Wasserstoff könnte wie Erdgas direkt als Energielieferant für Heizungen mit Verbrennungstechnologie dienen. Dazu ist aber eine völlig andere Brennertechnologie notwendig. Deshalb müsste bei einer Umstellung des Gassystems eine komplette Region von heute auf morgen mit der anderen Brennertechnologie ausgestattet werden. Herkömmliche Gasheizungen funktionieren nicht mit Wasserstoff, aktuelle „H2-Ready-Gassthermen“ lediglich mit einer Beimischung von bis zu 10% Wasserstoff, und umgekehrt. Da Wasserstoff auch noch einen Brennwert hat, der nur ein Drittel dessen von Erdgas entspricht, müssten die Leitungen auch auf eine dreifache Kapazität umgebaut werden.
(b) Fällt Wasserstoff aus o.g. Gründen als direkter Energielieferant für die Verbrennungstechnologie aus, könnte er in Haushalten zunächst erzeugt, ggf. in Druckflaschen gespeichert und dann, nach Bedarf, in Strom und Wärme umgewandelt werden. Beide Verfahren, also (1) die Elektrolyse zur Herstellung und (2) die Umwandlung von Wasserstoff per Brennstoffzelle in Strom und Wärme im Verhältnis 1:1, erzeugen jeweils Verluste von etwa einem Drittel, bezogen auf die jeweils eingesetzten Energieträger Strom und Wasserstoff, so dass am Ende bis zu 45% des primär eingesetzten Stroms als Energie für Heizung und Elektro zur Verfügung stehen. Allerdings unter Einsatz einer kostenintensiven, technischen Infrastruktur, die den Großteil der privaten Haushalte wirtschaftlich überfordern dürfte.
(c) Während Wasserstoff in privaten Haushalten, zumindest theoretisch, als Speichermedium für die Erzeugung von Strom und Wärme genutzt werden kann, steht er, was die reine Wärmeerzeugung betrifft, in direkter Konkurrenz zur Wärmepumpe. Wärmepumpen benötigen ebenfalls Strom, um, vereinfacht formuliert, die aus der Umgebung (Luft/Erde/Wasser) aufgenommene Wärme zu verdichten und an den Heizungskreislauf abzugeben. Auch im Bestand können Wärmepumpen mittlerweile den Heizbedarf von ca. 90% aller Gebäude decken. Letztlich ist eine Wärmepumpe 10 mal so effektiv wie eine Wasserstoffheizung; mit ihr können im Winter, mit einer Arbeitszahl von drei, aus einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme gewonnen werden.
Die Hauptgründe, warum Heizen mit Wasserstoff nicht sinnvoll ist, sind also die Effizienz und damit die Kosten. Von einer Kilowattstunde Strom bleiben, nach der Erzeugung von Wasserstoff (Wirkungsgrad Elektrolyse 60-70%) und dessen Verbrennung (Wirkungsgrad 50%) nur etwa 0,3 Kilowattstunden Wärme übrig. Die Verwendung einer Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff – statt ihn zu verbrennen - sowohl Strom als auch Wärme produziert, verbessert zwar die o.g. Energiebilanz, setzt aber den Einsatz zusätzlicher, kostenintensiver Technik voraus, die – wie bereits erwähnt – die Wirtschaftlichkeit a priori in Frage stellt.
Beim Individualverkehr sieht es ähnlich aus. Bei einem batterieelektrischen Fahrzeug beträgt der Wirkungsgrad nach Abzug der Lade- und Entladeverluste ca. 75%. Bei einem Wasserstoffauto beträgt der Wirkungsgrad nach Abzug der Verluste der Elektrolyse und der Antriebsart beim „Wasserstoff-Verbrenner“ ca. 18% und beim Antrieb mit Brennstoffzelle ca. 35%. Auch hier ist der Wasserstoff nicht effizient genug, um wirtschaftlich mithalten zu können. Auch die zur Verfügung stehende Gesamtmenge an Strom ist begrenzt, weshalb auf die Auswahl effizienter Verfahren geachtet werden muss.
Wo wird Wasserstoff dringend benötigt?
Bei der Langzeitspeicherung von Strom wird Wasserstoff eine sehr große Rolle spielen. Aufgrund seiner guten Speicherfähigkeit können saisonale Schwankungen im Energiemarkt mit Wasserstoff gut ausgeglichen werden. Die sogenannte Dunkelflaute ist auch ein Anwendungsfall für in Wasserstoff gespeicherte Energie. Gespeichert werden kann Wasserstoff in Gasspeichern und unterirdischen Kavernen. Allerdings muss die Wasserstofferzeugung mit erneuerbaren Energien erfolgen. Bis genug davon zur Verfügung steht, müssen wir mit der Energiewende noch richtig „Gas“ geben.
Auch als Rohstoff für die Industrie wird Wasserstoff eine große Rolle spielen. Wenn Erdgas als billiger Rohstoff für chemische Produkte entfällt, wird Wasserstoff diese Rolle übernehmen. Auch hier kann nur Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde, eine ökologische und klimatechnische Verbesserung bringen.
Viele industrielle Prozesse laufen nur als Hochtemperaturanwendung ab. Diese hohen Temperaturen können entweder direkt elektrisch, oder - wo nicht genügend Netzkapazität dafür vorhanden ist (was meist der Fall sein wird) - mit Wasserstoff erzeugt werden.
Fazit:
Im privaten Leben werden wir in Zukunft also viel mit Produkten, die auf Wasserstoff basieren oder für deren Erzeugung Wasserstoff eingesetzt wurde, in Berührung kommen. Auch für die Netzstabilisierung im Stromnetz wird Wasserstoff für uns präsent sein. In direkte Berührung mit Wasserstoff in unserem Heizungskeller oder im Auto werden wir aber kaum kommen.
Jürgen Greive und Christian Tengelmann,
Arbeitskreis Energie und Umwelt (energiewende-weyarn.de)